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Anschlussfähigkeit – und 5 Prinzipien, um Ihre Mitarbeiter mitzunehmen

Anschlussfähigkeit. Eines meiner Lieblingsthemen. Nicht, weil es ein so kompliziert klingendes Wort ist, sondern weil nur mit ihr Wandel wirklich geschehen kann.

Einfach gesagt geht es bei der Anschlussfähigkeit darum, andere Perspektiven wahrzunehmen und sie in die eigene Handlung miteinzubeziehen. Dass man die „Mitarbeiter mitnehmen“ solle, liest und hört man überall; aber wie, das ist eine andere Frage. Im Begriff der Anschlussfähigkeit steckt der Weg mit drin: nämlich die Fähigkeit zu besitzen (oder zu erarbeiten), einen Anschluss herzustellen. Das ist der Punkt. Dieser Anschluss ist nicht naturgegeben. Andere mitzunehmen ist aber essentiell für die Umsetzung von Transformation. Wenn Wandel passieren soll, geht es nur mit den Menschen, nicht gegen oder ohne sie.

Für mich ist daher auch der Begriff ein oft verwendeter. Dennoch muss er im Austausch fast immer erklärt werden. Vielleicht liegt es daran, dass er hauptsächlich  in systemischen Kontexten verwendet wird und deshalb kompliziert anmutet. Ist es aber nicht oder muss es nicht sein.

Die Prinzipien dahinter sind folgende:

  1. Anschluss ist ein Schlüssel-Schloss-Prinzip. Wenn Sie ins Ausland fahren und in Ihrer Selbstorganisation wie die meisten Menschen von technischen Geräten abhängig sind, werden Sie sich informieren, welche Stecker Sie dort benötigen. Nehmen Sie das Bild, gehen Sie damit durch Ihr Unternehmen und untersuchen Sie: Welche Steckdosen sind überhaupt gelegt, wo sind wie viel Volt, wo passen Anschluss und Anzuschließendes zusammen?
  2. Sinnhaftigkeit. Ähnlich wie bei den Steckdosen ist es gut und wichtig, dass die Anschlüsse prinzipiell vorhanden und gelegt sind. Wenn Sie aber andere bewegen, inspirieren und mitnehmen wollen, tun sie das aus einem bestimmten Grund und einem Anlass. Werden sie sich dessen bewusst, was Ihr Grund und was Ihr Anlass ist, und kommunizieren sie diese, statt sie für sich zu behalten. Wirklicher Anschluss entsteht nur, wenn die Menschen verstehen können, warum sie sich einlassen, warum sie Ihnen folgen sollten.
  3. Unterschiedlichkeit. Jetzt wird es komplizierter. Nicht jeder Mensch, nicht jede Einheit oder Abteilung und auch nicht jeder Führungsrang hat den gleichen Anschluss. Finden Sie je nach Bedeutung einen individuellen gemeinsamen Nenner, in dem sie ein Minimum an Verständnis, Sinn und Passung herstellen können. Erarbeiten Sie für einige Zielgruppen passgenauere Ansprachen oder „Abholdienste“. Es gibt immer kluge Wege, Bedürfnisse zu formulieren und zusammenzufassen. Das Verständnis für die Art der gelegten „Anschlüsse“, siehe 1., ist eine Grundvoraussetzung.
  4. Anpassung. Klingt einfach, fällt im Alltag aber häufig erstaunlich schwer. Derjenige, der den Anschluss sucht, wird seinen normalen Radius an Sprache und Handlung voraussichtlich verlassen oder erweitern müssen. Kennen Sie den Manager, der nach der Fusion ausschließlich von seinen Themen, nur aus seiner Perspektive spricht? Oder die Projektleiterin, die begeistert eine neue Methode über dem Team auskippt und sich wundert, dass sie nicht verfängt und die Ergebnisse nicht ihren Vorstellungen entsprechen? Voilà. Und bitte ohne jede Scham. Es ist schnell und schon fast jedem passiert.
  5. Ehrliche Erlebbarkeit. Anschlüsse sind (leider) nicht ohne weiteres stabil. Anders als bei (soliden) Kabeln braucht es zwischen Menschen für beide Seiten überprüfbare Belege, dass alle geltenden Prinzipien auch weiterhin Beachtung finden werden. Wird spürbar, dass es sich in Wahrheit um eine hohle Positionierung, eine unglaubwürdige Neuausrichtung oder eine als Innovation getarnte Einsparung handelt, wird kein Anschluss, auf Dauer keine Mitnahme möglich sein. Schlimmer noch: Sie verspielen damit die Fähigkeit und Willigkeit der „Anzuschließenden“, mitgenommen zu werden, als solche. Die Strukturen verkrusten. Wenn es also um eine Einsparung geht, finden Sie heraus, wo Sie die Mitarbeiter abholen können, erklären Sie den Sinn der Maßnahme, so dass er verständlich wird, bieten Sie den unterschiedlich betroffenen Gruppen unterschiedliche „Abholungen“ an (da kann immer noch Innovation vorkommen), verlassen Sie Ihre Sprache und Perspektive – und dann seien Sie so ehrlich wie möglich und stellen Sie sicher, dass das, was Sie sagen, erlebbar ist. Walk your talk. Anders geht es nicht.

Zurück zum Begriff der „Anschlussfähigkeit“. Zugegeben, es klingt sperrig und verschroben systemisch. Ist es ja auch. Ich habe es dennoch über die Jahre ins Herz geschlossen. Wenn Sie ein besseres haben, schreiben Sie mir bitte!
Anschlussfähigkeit soll nach der Grunddefinition (nachzulesen im Internet und einigen Wörterbüchern) eine Eigenschaft von Wirklichkeitsbeschreibungen sein. Anschlussfähig seien dabei solche Wirklichkeitsbeschreibungen, die von den anderen Mitgliedern einer Kommunikationsgesellschaft als möglich bzw. als sinnvoll akzeptiert werden. Dies ist meistens dann der Fall, wenn diese Beschreibungen in das Weltbild und das Denken der relevanten Gemeinschaft passen. Sie ist, neben Viabilität und Zieldienlichkeit, ein wichtiges Relevanzkriterium für Wirklichkeitskonstruktionen. Und da wundern sich die systemischen Coaches und Berater, dass sie selbst nicht immer den Anschluss finden. Nun gut.

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Nora Möllers

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Photo by Markus Spiske on Unsplash